Einen Schritt in Richtung Wachstum und Fortschritt zu gehen, erfordert vor allem die Ausbildung von Fachkräften.

Diese Tatsache mag uns heute selbstverständlich erscheinen, doch vor ein oder zwei Jahrhunderten bedurfte es einer Elite und weitreichender Vision, um dies zu begreifen. Natürlich haben in jeder Nation solche Menschen gelebt, die mit ihren erhabenen und zukunftsweisenden Ansichten zur Ausbildung von Spezialisten und zum Wachstum ihres Landes beigetragen haben – weshalb heutige Nationen ihren Fortschritt unzweifelhaft der klaren Denkweise und Weitsicht dieser Persönlichkeiten verdanken. Wenn man die Iraner nach solchen Persönlichkeiten fragt, wird unweigerlich der Name „Amir Kabir“ häufig genannt.

Wer war Amir Kabir?
Mirzā Taqi Khan, besser bekannt als Amir Kabir, war der erste Premierminister unter Nasereddin Schah. Nasereddin Schah bestieg im Jahr 1848 den Thron und regierte bis 1896 über den Iran. Obwohl Amir Kabir nur drei Jahre lang im Amt war, gelang es ihm, durch umfassende Reformen und weitreichende Veränderungen im Bildungswesen, in der Außenpolitik und im Militärwesen den Iran grundlegend zu modernisieren. Diese Maßnahmen erregten den Zorn ausländischer Mächte sowie einiger interner Kräfte und führten zu Verschwörungen gegen ihn. Letztlich setzte Nasereddin Schah, beeinflusst von diesen Intrigen, Amir Kabir ab und schickte ihn nach Kashan. Nur etwa zwei Monate nach seiner Absetzung erließ Nasereddin Schah den Todesbefehl gegen ihn. Später zeigte Nasereddin Schah Reue über diese Entscheidung, doch der Schaden war angerichtet – und das tragische Schicksal von Amir Kabir beraubte den Iran eines seiner größten Staatsmänner.

Die Dar-ol-Fonun-Schule – ein einzigartiges Vermächtnis von Amir Kabir
Die Reformmaßnahmen, die Amir Kabir zu Beginn seiner Amtszeit durchführte, erstreckten sich über mehrere Bereiche, insbesondere in der Ausbildung von Fachleuten in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Die Gründung der Dar-ol-Fonun-Schule als Zentrum für die Ausbildung in den neuen Wissenschaften und Techniken war sein herausragendster Beitrag auf diesem Gebiet. Die Bedeutung dieser Schule war ihm so groß, dass er einen Platz in der Nähe der königlichen Paläste für deren Errichtung auswählte. „Mirza Reza Khan Mohandes-Bashi“, der vor einigen Jahren zum Studium nach London entsandt worden war, wurde zur Gestaltung des Gebäudes bestimmt. Er entwarf den Plan inspiriert von den „Soldatenkasernen Englands“ und übergab den Bauauftrag an „Mohammad Taqi Memar-Bashi“. Nach der Gründung der Schule wurden Professoren aus Österreich eingeladen, um dort zu unterrichten. In einem dramatischen Moment wurde die Schule eröffnet, als Amir Kabir im Exil lebte und nur noch 13 Tage zu leben hatte. Der 27. Dezember 1851 (6. Dey 1230 nach dem iranischen Kalender) markierte den Eröffnungstag der Dar-ol-Fonun-Schule. In der ersten Phase der Schulaktivitäten nahmen 30 Schüler ihren Unterricht auf.

Amir Kabir, der Gründer der Dar-ol-Fonun-Schule und einer der bedeutendsten Staatsmänner des Iran, führte den Bau der Schule bis 1852 (1231 nach dem iranischen Kalender) fort. Später wurde im Jahr 1886 (1265 nach dem iranischen Kalender) ein Vorführsaal hinzugefügt und es wurden bauliche Veränderungen vorgenommen. Das Gebäude umfasste 50 quadratische Räume, die an den vier Seiten eines Innenhofs errichtet waren. Einige Räume dienten als Labore für Physik, Chemie und Pharmazie, als Druckerei, Bibliothek und Speisesaal. Nach 80 Jahren Betrieb wurde im Jahr 1929 (1308 nach dem iranischen Kalender) das alte Gebäude abgerissen, um durch ein neues, von einem russischen Ingenieur entworfenes Gebäude ersetzt zu werden. Dieses zweistöckige Gebäude verfügt in seinen vier Seiten über geschwungene Treppen. Im Erdgeschoss befinden sich 24 Klassenräume, im Obergeschoss acht Klassenräume. An der Südseite des Gebäudes wurden zudem Speise- und Vorführsäle errichtet.

Luftaufnahme der Dar-ol-Fonun-Schule

Dar-ol-Fonun und ihre zukünftigen Auswirkungen
Diese Schule kann als die erste moderne Universität des Iran beschrieben werden. Während ihrer Betriebszeit wurden den Studenten Unterrichtsfächer in Ingenieurwissenschaften, Militärwissenschaften, Fremdsprachen (Französisch), Naturwissenschaften, Mathematik, Geschichte und Geografie angeboten. Später wurden auch Englisch, Russisch, Musik und Malerei in das Kursangebot aufgenommen. Anfangs besuchten ausschließlich die Kinder der Adligen die Schule, deren Ausbildung von der Zustimmung des Schahs abhing. In späteren Perioden konnten jedoch immer mehr Studenten aus unterschiedlichen sozialen Schichten in der Dar-ol-Fonun-Schule studieren. Eine der bedeutendsten Auswirkungen der Dar-ol-Fonun-Schule auf die späteren politischen und gesellschaftlichen Ereignisse im Iran war der Einfluss ihrer Absolventen auf die konstitutionelle Revolution von 1906.

Die Dar-ol-Fonun-Schule befindet sich heute in der Naser-Khosrow-Straße, einer der zentralen Straßen der Stadt.

Nationale Registrierung der Dar-ol-Fonun-Schule
Dieses wertvolle Bauwerk wurde im Jahr 1996 (1375 nach dem iranischen Kalender) in die Liste der nationalen Denkmäler des Iran aufgenommen.